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Veysel Akgül war ein Arbeiter. Musste er wirklich sterben?

Posted: March 31st, 2021 | Author: | Filed under: Texte | Comments Off on Veysel Akgül war ein Arbeiter. Musste er wirklich sterben?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie wir alle wissen, wütet heute auf der ganzen Welt eine Pandemie. Bis heute sind allein in Deutschland über 2 Millionen Menschen infiziert worden und es gab fast 70.000 Todesfälle. Im März wurde der erste Lockdown beschlossen: Gastgewerbe, Einzelhandel und Kunst- und Kulturbranche mussten schließen sowie soziale Kontakte drastisch eingeschränkt werden. Im Dezember 2020 gab es einen erneuten Lockdown. Die Großunternehmen produzierten jedoch weiter; es wurden sogar Milliardenpakete zur Verfügung gestellt, um ihnen ja keine Profitverluste zu verschaffen. Mit der „Covid-19-Arbeitszeitverordnung“ im April 2020 konnten die Unternehmen ihre Arbeitszeiten sogar verlängern und flexibler gestalten. Damit es zu keinerlei Profiteinbußen kommt, wurde alles in Bewegung gesetzt, auch von der Politik.

Mit dem Appell an die Bevölkerung, die Abstände einzuhalten, Masken zu tragen und verantwortungsvoll zu sein, versuchten sie sich ihrer eigenen Verantwortung zu entziehen. Die Tore der Firmen, die diese Wirtschaft tragen, blieben weiterhin offen. Denn die Autos lassen sich nicht im Homeoffice bauen.

Ein Beispiel für die Gleichgültigkeit der Unternehmen von vielen ist der Corona-Ausbruch in Rheda-Wiedenbrück bei der Fleischfabrik Tönnies. Die Arbeiter:innen teilten sich zu dritt ein Bett, von Hygienevorschriften wusste dort niemand etwas. Am Ende mussten 7.000 Menschen in Quarantäne, Kitas und Schulen mussten im Kreis Gütersloh schließen.

Autozulieferer ZF registrierte fast 100 Corona Fälle aus verschiedenen Bereichen. Es folgte eine Schließung des Werks in NRW für insgesamt nur 4 Tage, um schnell wieder die Produktion in Angriff zu nehmen. Im September 2020 kam es zu einem Corona-Ausbruch bei BMW im Werk Dingolfing. Es wurde uneingeschränkt weiterproduziert, um 1250 Fahrzeuge pro Tag herstellen zu können.

Und wie sieht es bei dem Tochterunternehmen der Deutschen Bundesbahn „DB Services GmbH“ aus?
3200 Mitarbeiter:innen sind für die Reinigungsleistungen, den Winterdienst sowie für Hygiene und Sauberkeit verantwortlich. Mit insgesamt fast 10.000 Mitarbeiter:innen machten sie 2019 einen Umsatz von 829 Millionen Euro. Tagtäglich reinigen die Arbeiter:innen der DB Services 6.500 Züge. Und was wurden für Vorkehrungen seit dem Ausbruch der Pandemie getroffen?

Euer Kollege Veysel Akgül musste aufgrund des mangelnden Hygienekonzepts mit seinem Leben bezahlen.
Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen zeigten sich mit Ausbruch der Pandemie ganz besonders auch in eurem Unternehmen. Der Aufenthaltsraum wurde weder gereinigt noch war er für den Verzehr der Mahlzeiten überhaupt geeignet. Zwingende Hygienevorschriften, wie regelmäßiges desinfizieren der Reinigungsgeräte oder zwischenzeitliche 10-minütige Pausen für die Mitarbeiter:innen, fanden nie statt. Außer Veysel Akgül gab es weitere bekannte Corona Fälle von Mitarbeiter:innen. Eine Schließung der DB Services GmbH kam nicht in Frage. Regelmäßige und kostenlose Tests von der Deutschen Bundesbahn wurden nicht zur Verfügung gestellt. Stattdessen müsst ihr weiterhin am Frankfurter Hauptbahnhof arbeiten und euch einem erhöhten Risiko einer Infektion aussetzen. Ihr seid nicht nur gezwungen zu arbeiten, sondern auch innerhalb der DB Services wird euch keine Sicherheit geboten, da ihr nicht die Priorität seid. Aus der Leitung heißt es dann, man solle doch dankbar sein, überhaupt noch Arbeit zu haben.

Veysel Akgül wurde gezwungen unter offensichtlichem Infektionsrisiko zu arbeiten, um seine Existenz sichern zu können. Er musste jeden Tag die unhygienischen Räumlichkeiten der Firma betreten. Sein Tod und der Tod tausender Arbeiter:innen hätte verhindert werden können. Die Verantwortlichen sind sich dessen bewusst und versuchen mit falschen Behauptungen diese Tatsache zu vertuschen.

Um diese Umstände zu ändern und auch für kommende Generationen bessere Bedingungen zu schaffen, müssen wir laut werden. Wir müssen uns bewusst werden, dass es die Arbeiter:innen sind, die den Unternehmen ihre Profite ermöglichen. Auch sie sind es, welche sich mit jedem Tag dem Risiko einer Infektion aussetzen müssen.

 

Wir fordern aus diesem Grund:
• Schließung aller nicht relevanten und notwendigen Unternehmen!
• Angemessene Hygienevorschriften und strikte Einhaltung dieser!
• Kostenlose Corona Tests und Schutzmasken für alle!
• Unmittelbare Schließung des Unternehmens bei Corona Fällen!
• Reduzieren der Arbeitszeiten und Anzahl der Mitarbeiter:innen auf ein Minimum!
• Volle Lohnauszahlung für alle Arbeiter:innen!

(Text ursprünglich von BIR-KAR)


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